GEW über ...

Bier für Bildung

GEW: Rothaus-Brauerei verkaufen –

Erlös für PISA-Initiative

 

Stuttgart – Mit dem schnellen Verkauf der landeseigenen Rothaus-Brauerei könnte die Landesregierung eine PISA-Bildungsinitiative finanzieren. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schlägt vor, 2005 die südbadische Brauerei zu privatisieren und das Geld für zusätzliche Förderangebote in Grund- und Hauptschulen, die Reform der Lehrerbildung und die Rettung des zweiten Bildungswegs zu nutzen.

Nur einen Tag nach Bekanntgabe der für Deutschland mittelmäßigen PISA-Ergebnisse diskutiert morgen der Landtag über die Kürzung der Zuschüsse für den zweiten Bildungsweg. Kultusministerin Annette Schavan lobt immer wieder die Durchlässigkeit des baden-württembergischen Schulsystems. Wenn sie das ernst meint, darf sie nicht zulassen, dass durch die geplanten Kürzungen vielen die zweite Chance verbaut wird, in Abendschulen das Abitur, den Realschulabschluss oder die Fachhochschulreife zu erreichen“, sagte am Dienstag (7.12.) in Stuttgart der GEW-Landesvorsitzende Rainer Dahlem. Morgen berät der Landtag das Haushaltsstrukturgesetz, nach dem die Zuschüsse für den zweiten Bildungsweg um ein Fünftel gekürzt werden sollen. Das würde zu einem Anstieg der Schulgebühren und zur Schließung zahlreicher Einrichtungen führen.

 

Schavan: Mit Geduld kommt der Südwesten nicht in die PISA-Spitzengruppe

Die GEW kritisiert die Reaktion der baden-württembergischen Kultusministerin auf die neuen PISA-Ergebnisse. „Die eingeleiteten Reformen wie die neuen Bildungspläne führen nicht dazu, dass die schwachen Schülerinnen und Schüler besser gefördert werden. Wenn Annette Schavan um fünf Jahre Geduld bittet, bis ihre Reformen wirken, lässt sie die Kinder und deren Eltern im Stich, die bereits jetzt zu den PISA-Verlierern zählen“, so Dahlem.

 

Bildungsweg, Förderunterricht, Lehrerbildung
5.700 Studierende nutzen den zweiten Bildungsweg

Die Landesregierung will beim zweiten Bildungsweg im Jahr 2005 1,4 und im Jahr 2006 3,7 Millionen Euro streichen. Bisher gibt sie 16 Millionen Euro für die Abendschulen aus. Für die Schüler/innen würden durch die geplanten Kürzungen beim zweiten Bildungsweg nach Einschätzung des Volkshochschulverbands zusätzliche Gebühren von bis zu 1.000 Euro jährlich entstehen. Da viele dies nicht bezahlen könnten, müssten zahlreiche Einrichtungen geschlossen werden. In Baden-Württemberg besuchen 5.700 Studierende Abendschulen, um dort vor allem einen Realschulabschluss, die Fachhochschulreife oder das Abitur zu erreichen. Der Ausländeranteil liegt bei den Studierenden bei rund einem Viertel. Es gibt im Südwesten 39 Abendrealschulen, 18 Abendgymnasien und vier Kollegs.

 

Lehrerbildung

Die GEW schlägt unter anderem vor, ein Landesinstitut für Lehrer/innenbildung zu gründen, einen Strukturplan für die Lehrer/innenbildung zu entwickeln und die Kooperation zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen sowie den Hochschulen und den Seminaren zu verbessern.

 

39 Sekunden Förderunterricht pro Schüler/in

In den 2.600 Grund- und Hauptschulen mit gut 660.000 Schüler/innen gab es im Schuljahr 2003/04 nur für jede vierte Grund- und Hauptschulklasse eine Förderstunde und nur für jede zehnte Klasse eine Stunde Ausländerförderunterricht. „Für jeden Schüler standen im Durchschnitt 39 Sekunden pro Schuljahr zur Verfügung“, so Dahlem. 


Bildung kostet Geld.

Streichen wir die Eigenheimzulage?

 

Alfred Uhig referierte am 05. Mai in einer GEW-Kreisversammlung in Winnenden zum Thema: „Bildung kostet Geld. Streichen wir die Eigenheimzulage?“ Thesen der Politiker  und Unternehmer seien „Glaubenssätze, Religionen“, führte er aus. Die Beschreibung der finanziellen Situation der öffentlichen Haushalte und die angeblich notwendige Politik, welche die Besitzenden und die Unternehmen begünstige und Arbeitnehmer, Arbeitslose und Rentner benachteilige, müsse hinterfragt werden.

So verschärften zehn neue EU-Mitglieder die Standortdebatte. Man wolle uns glauben machen, Deutschland sei nicht mehr konkurrenzfähig. Dabei hätten sich in Deutschland die Lohnstückkosten im Vergleich zu anderen EU-Ländern am wenigsten erhöht. „Deutschland ist Exportweltmeister.“

Man rede uns ein, das System der sozialen Sicherung sei nicht mehr zu halten und die Sozialabgaben würden das Wirtschaftswachstum bremsen. Statistiken zeigten jedoch, dass gerade Staaten mit hohen Abgabenquoten prozentual weniger Arbeitslose haben. Man beklage die steigenden Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen. Tatsächlich seien sie aber im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt in den letzten Jahren gesunken.

Die Steuern müssten gesenkt werden, versuche man uns beizubringen. „Restauration wird als Reform verkauft.“ Tatsächlich ist das Einkommen von Arbeitnehmern prozentual viel stärker durch Steuern belastet als das der Unternehmer. Das Einkommen der Arbeitnehmer stieg von 1980 bis 1995 netto um 4 %, das der Unternehmer aber um 85 %. In den neuen Bundesländern gebe es noch immer Hungerlöhne und der öffentliche Dienst bringe seit zehn Jahren Sonderopfer. Die Steuerreform 2000 ersparte den Kapitalertragsgesellschaften im darauf folgenden Jahr 24 Mrd. Euro. Es dürfe nicht sein, dass DaimlerChrysler die im Ausland gezahlten Steuern und Auslandsverluste mit den Steuern für erzielte Gewinne verrechnen könne.

Die Kaufunlust der Verbraucher als oft genannter Grund der Krise hätte ihre Ursache in der höheren Belastung der Arbeitnehmer, erläuterte Uhlig. Aber auch der Staat habe keine Lust zu investieren. „Der Staat hat kein Geld, weil er auf Hunderte von Milliarden an Steuern in den letzten Jahren verzichtet hat.“ Geld könne der Staat wieder verdienen, wenn er die Vermögenssteuer wieder einführe, die Erbschaftssteuer erhöhe, wenn Firmen wie DaimlerChrysler Steuer bezahlen müssten und wenn die Steuerhinterziehung wirksam bekämpft werde. Auch durch „zivile Alternativen zur Aufrüstung“ könne der Staat Geld investieren. Ein Eurofighter entspricht dem Wert von 14 Mietwohnungen, 1 Kampfhubschrauber ist so viel wert wie 70 Pflegeheime, 1 Transporthubschrauber so viel wie 9 Grundschulen, 1 Luft-Boden-Rakete etwa so viel wie ein Kindergarten. Das Geld, das in Bildung investiert würde, bringe Gewinn. Untersuchungen in den USA hätten gezeigt, dass jeder Dollar, der in Förderprogramme zur frühkindlichen Entwicklung gesteckt würde, 5 Dollar erspare bei Sozialhilfe, psychiatrischer Betreuung, Gefängnissen und weiteren sozialen Programmen. Die Staaten, die in der PISA-Studie besonders gut abschnitten, haben am meisten Geld in Bildung investiert und haben am wenigsten Arbeitslose. Der deutsche Staat müsse endlich einsehen, dass Geld in der Bildung gut angelegt sei.


Sozialministerium torpediert Schavans Versprechungen

Moderne Pädagogik braucht Schulsozialarbeit an allen Schulen

 

Stuttgart – „Die geplante Streichung von 1,1 Millionen Euro für die Schulsozialarbeit ist ein weiteres Beispiel für die Konzeptlosigkeit der Landesregierung in der Bildungspolitik. Während sich das Kultusministerium immer wieder vollmundig für die Stärkung der Hauptschulen einsetzt, torpediert das Sozialministerium durch seine Streichliste diese Versprechungen. Sinnvolle Pädagogik ist an allen Schulen ohne Schulsozialarbeit nicht mehr denkbar“, sagte am Mittwoch (20.10.) in Stuttgart Rainer Dahlem Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Baden-Württemberg.

Die Landesregierung plant, die Zuschüsse für die rund 170 Schulsozialarbeiter/innen komplett zu streichen. Derzeit wird eine Stelle vom Land mit 7.500 Euro pro Jahr bezuschusst. Die meisten Schulsozialarbeiter arbeiten an Beruflichen Schulen und Hauptschulen. Bereits 2003 hatte die Landesregierung den Landeszuschuss für die Schulsozialarbeit von ursprünglich 2,5 Millionen Euro gekürzt.

Spätestens seit PISA wissen wir, dass für eine bessere Förderung von Schülerinnen und Schülern an den Schulen Kompetenzteams aus Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern sowie Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen gebildet werden müssen. Durch die Streichpläne ist diese Arbeit in ihrer Substanz bedroht“, sagte Dahlem.

Die GEW erinnert außerdem an die erst vier Jahre alten Empfehlungen der Enquetekommission des Landtags für die künftige Jugendpolitik in Baden-Württemberg. Die Expert/innen der Kommission forderten die Öffnung von Schule und den Ausbau ganztägiger Betreuungsangebote sowie die Kooperation zwischen Schule und Erziehungshilfe.

 

Schulsozialarbeit: Ausweg aus der Sackgasse

Landtag und Landesregierung waren sich damals einig, zur Sicherung der Zukunftschancen in Ausbildung und Beruf den brennpunktorientierten Ausbau von Jugend- sowie Schulsozialarbeit zu einem Schwerpunkt zu machen. „Jeder fünfte 15jährige Jugendliche in Baden-Württemberg verfügt nicht über ausreichende Kompetenzen, um überhaupt eine Ausbildung beginnen und im Leben bestehen zu können. Die Landesregierung raubt mit der Streichung der Schulsozialarbeit benachteiligten Jugendlichen eine Chance, aus dieser Sackgasse zu  entkommen. Mit einem Federstrich zerstört die Landesregierung Projekte, die jahrelang mühsam aufgebaut wurden“, sagte Dahlem.                             


Was erwartet die Wirtschaft von der Schule?

GEW-Veranstaltung mit dem Referenten Steffen Kögel von der IHK Stuttgart am 29.09.04 in Urbach

 

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Ortsverband Schorndorf, veranstaltete am 29.09.04 in Urbach einen Vortragsabend mit Aussprache zum Thema „Was erwartet die Wirtschaft von der Schule?“ Im Anschluss wurde die Liste der Kandidaten zur Wahl des Örtlichen Personalrats aufgestellt.

Steffen Kögel von der IHK Stuttgart gab seine Erfahrungen aus der Wirtschaft an die Lehrerinnen und Lehrer weiter. Er berichtete, die Wirtschaft habe sich im Juni in einem nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs verpflichtet „allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen jungen Menschen ein Angebot auf Ausbildung zu unterbreiten“ und während der dreijährigen Dauer des Paktes im Schnitt jährlich 30.000 Ausbildungsplätze und 25.000 Plätze für betriebliche Einstiegsqualifikationen anzubieten.

Doch sei durch die Globalisierung und die EU-Erweiterung ein extremes Lohngefälle entstanden. Die Folge sei eine Verlagerung der Arbeit an billigere Standorte. Im Einzelhandel seien durch das veränderte Kaufverhalten im vergangene Jahr fast 50.000 Stellen verloren gegangen, dieses Jahr würden schätzungsweise noch einmal 30.000 gestrichen. Viele Unternehmen überlegten, wie sie die Kunden davon abhalten könnten, zur billigen Konkurrenz im Ausland zu wechseln.

Da nun die Tendenz immer mehr zum Personalabbau gehe, sollte die Schule den Schülern zuerst einmal vermitteln, sich für ihr eigenes Leben, ihre eigene Zukunft zu interessieren. Die Jugendlichen müssten Realitäten wahrnehmen. „Organisation und Selbstorganisation sind Kriterien, die im Rahmen einer Ausbildung sehr wichtig sind. Verantwortung gegenüber sich selbst und anderen.“ Die Zeiten, in denen Auszubildende selbstverständlich übernommen wurden, seien vorbei. Gute Noten würden immer wichtiger.

Reparaturbetrieb für Versäumnisse des Elternhauses könne die Schule nicht sein, erklärte Kögel. Insbesondere erwähnte er in diesem Zusammenhang die Vermittlung der deutschen Sprache in Wort und Schrift, wenn im Elternhaus kein Deutsch gesprochen würde. Aus der Sicht der Wirtschaft stelle sich die Frage, ob der Unterricht ausreiche. „Wenn man das Prinzip der Ganztagesschule hat, lässt sich in dieser Richtung vielleicht mehr erreichen, insbesondere auch, was individuelle Förderung betrifft.“ Die Wirtschaft erwarte, dass Unterrichtsausfall minimiert werde und genügend Lehrer vorhanden seine. Das Unterrichtsmaterial sollte auf neustem Stand sein. Neben Wissen solle die Schule auch eine Arbeitsatmosphäre schaffen und Arbeitssystematik vermitteln. Das sei auch eine Frage der Klassenstärke.

Auf fachliche, soziale und persönliche Schlüsselqualifikationen lege die Wirtschaft großen Wert. An fachlichen Kompetenzen müssten vermittelt werden: die grundlegende Beherrschung der deutschen Sprache, zentrale Rechentechniken, Grundkenntnisse in Naturwissenschaften und Informatik in wirtschaftlichen Zusammenhängen. Immer wichtiger würden Fremdsprachen. „Im Wirtschaftleben geht ohne Englisch oft nichts mehr.“ Teilweise würden auch Kenntnisse über gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen erwartet.

Die sozialen Kompetenzen der Kooperationsbereitschaft und Teamfähigkeit könne die Schule in Projekten und Gruppenarbeit üben, außerhalb der Schule könnten Vereine und die offene Jugendarbeit dazu beitragen. Höflichkeit, Freundlichkeit, Konfliktfähigkeit und Toleranz seien wichtig für ein gutes Arbeitsklima.

An persönlichen Kompetenzen fordere die Wirtschaft an erster Stelle Zuverlässigkeit. Damit im Zusammenhang sollten die Jugendlichen Lern- und Leistungsbereitschaft, Ausdauer, Durchhaltevermögen und Belastbarkeit aufweisen. Wichtig sei Sorgfalt und gewissenhafte Konzentration auf die Arbeit, ohne Ablenkung. Auszubildende müssten nicht nur Kritik, sondern auch Selbstkritik üben können.

Bei der Vermittlung der Schlüsselqualifikationen würde von Lehrerinnen und Lehrer eine Vorbildfunktion erwartet.

Zu den Fördermechanismen sagte Kögel, man könne viel Geld sparen, wenn die Förderung schon im Kindergarten und der Grundschule einsetze und: „Wer am Ende der Schulzeit gefördert werden muss, wird oft als 2. Wahl eingestuft.“

In der Aussprache wurden neue Modelle der Verzahnung der Regelschule mit der Berufsschule und den Betrieben diskutiert, die aufs Berufsleben vorbereiten können. Für wünschenswert erachtet wurde, den Schülern ohne Ausbildungsplatz im Berufsvorbereitungsjahr ein 90tägiges Praktikum anzubieten. Noch nicht alle Berufsschulen bieten das an.

Die Gewerkschaftsmitglieder sprachen sich mit Nachdruck für eine Abschaffung der frühen Differenzierung in drei Schularten aus und forderten frühkindliche Förderung und kleinere Klassen. Aus der PISA-Diskussion müsse endlich die Konsequenz gezogen werden, mehr Geld in die Bildung zu stecken, denn bedenklich stimme, dass viele Ausbildungsplätze aufgrund mangelnder Qualifikation der Bewerber unbesetzt blieben.

Bei der anschließenden Aufstellung der Kandidatenliste zur Wahl des Örtlichen Personalrats konnte positiv vermerkt werden, dass sich im Ortsverband Schorndorf eine große Zahl engagierter Lehrerinnen und Lehrer gefunden hatte, die bereit sind sich zu engagieren.