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Vormittags Schule – nachmittags Spiel und Spaß?

GEW: Ganztagsschulen brauchen ein pädagogisches Konzept

 

Stuttgart – „Der Ausbau von Ganztagesangeboten bietet die einmalige Chance, die Struktur des Schultages so zu verändern, dass Lern- und Erholungsphasen sich sinnvoll ergänzen und die Schulen die Möglichkeit haben, endlich den 45-Minuten-Takt zu überwinden. Dazu muss die Landesregierung ein seriöses Finanzierungskonzept vorlegen“, sagte am Dienstag (24.05.) in Stuttgart Rainer Dahlem, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die GEW schlägt außerdem vor, die ungleiche Verteilung der Bundesmittel für neue Ganztagsschulen nach dem sogenannten „Windhundprinzip“ zu korrigieren.

Während im Regierungsbezirk Südwürttemberg 20,3 Prozent der Schulen Bundesmittel erhalten sollen, sind es in Nordwürttemberg 11,1, in Nordbaden 6,8 und in Südbaden nur 6,1 Prozent der insgesamt 5.301 antragsberechtigten Schulen. „Die große Zahl der Anträge zeigt, dass Schulträger, Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler schneller sind als die Landesregierung. Das Land Baden-Württemberg muss zusätzliche Mittel für den Ausbau von Ganztagesangeboten bereit stellen, damit auch die Schulen, die Anträge gestellt haben, ihre Angebote entsprechend entwickeln und einrichten können“, sagte Dahlem.

Die GEW lehnt Oettingers Vorschläge ab, Ganztagesschulen nur mit ehrenamtlichen „Jugendbegleitern“ und als freiwilliges Angebot einzurichten. „Ganztagsschule ist mehr als vormittags Unterricht wie gehabt, anschließend Suppenküche und am Nachmittag ein bisschen Betreuung für diejenigen, die das wollen. Wir wollen bessere Schulen und dafür brauchen wir auch zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer“, so Dahlem.

Die Bildungsgewerkschaft schlägt vor, durch Schülerrückgang freiwerdende Lehrerstellen für den Ausbau von Ganztagsschulen zu verwenden. In einem ersten Schritt sollen 25 Prozent der Schulen zu Ganztagsschulen ausgebaut werden. Pro Schulklasse sollen fünf Wochenstunden zusätzlich angeboten werden. Dafür wären 2.600 zusätzliche Lehrer/innenstellen notwendig.

Einige Zahlen: 2.600 Stellen für 1/4 der Schulen

Von den 4.200 Schulen in Baden-Württemberg sind derzeit etwa 500 Ganztagsschulen. Nur 17 der 2.500 Grundschulen sind Ganztagsschulen. Vor dem Start der IZBB-Initiative gab es 182 Ganztagsschulen, die von der Landesregierung auch mit zusätzlichen Lehrer/innenstellen unterstützt werden.

Baden-Württemberg erhält über die IZBB-Förderung 528 Millionen Euro für die Jahre 2003 bis 2005. Diese Mittel werden zu 90 Prozent als Zuschüsse für bauliche Maßnahmen an Schulen vergeben. Die restlichen 10 Prozent müssen von den Kommunen getragen werden. Die Landesregierung weigert sich, die neuen Ganztagesschulen mit zusätzlichem Personal zu unterstützen.

2005 haben sich 508 Schulen um die Fördergelder beworben. Die Zuschüsse in Baden-Württemberg werden nach dem zeitlichen Eingang der Anträge(„Windhundprinzip“) verteilt. Inhaltliche Aspekte wurden nicht berücksichtigt. Voraussichtlich werden 2005 nur 159 Schulen Zuschüsse erhalten. Um die Vorhaben der 349 weiteren Schulen finanzieren zu können, würden mindestens 319 Millionen Euro benötigt.

Die GEW hat in der „Lehrerbedarfsprognose 2015“ für eine erste Ausbaustufe der Ganztagsschulen einen zusätzlichen Lehrerbedarf von 2.600 Stellen errechnet. Jede Schulklasse würde dadurch fünf Wochenstunden zusätzlich erhalten. Mit den 2.600 neuen Stellen könnten an 25 Prozent der Grundschulen und der Schulen der Sekundarstufe I Ganztagsangebote geschaffen werden. Die Bildungsgewerkschaft schlägt vor, die rückläufigen Schüler/innenzahlen als Chance zu nutzen und mit den frei werdenden Mitteln dem Ausbau der Ganztagsschulen hohe Priorität einzuräumen.

Ganztagsschulen brauchen auch Schulsozialarbeit. Die GEW appelliert deshalb an Ministerpräsident Oettinger, die Kürzungen der Landeszuschüsse rückgängig zu machen. Ab September 2005 sollen 230 Schulen keine finanzielle Unterstützung des Landes für ihre Schulsozialarbeiter/innen mehr bekommen. Im Schuljahr 2003/2004 wurden diese noch mit 2,18 Millionen Euro und im Schuljahr 2004/2005 mit 1,1 Millionen Euro gefördert.


GEW-Veranstaltung mit Alfred König am 20.04.05
im Rössle, Urbach

 

Mit aktuellen schulpolitischen Fragen beschäftigte sich die Mitgliederversammlung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am 20.04.05 in Urbach. Als fachkundiger Referent war Alfred König vom Bezirks- und Hauptpersonalrat anwesend.

 

Die Versammlung verabschiedete einstimmig eine Resolution, nach der sie die Schulleiterinnen und Schulleiter auffordert, das „Bandbreitenmodell“ zur Festsetzung der Lehrerarbeitszeit nicht an den Schulen anzuwenden. Es belaste den sozialen Frieden. Einzelnen Lehrerinnen und Lehrern könnten Schulleiterinnen und Schulleiter nach diesem Modell einen Deputatsnachlass bis zu zwei Stunden gewähren. Dafür müssten andere Kolleginnen und Kollegen bis zu zwei Stunden mehr arbeiten. Das Bandbreitenmodell belaste überproportional Teilzeitbeschäftigte, nehme Schwerbehinderte nicht aus und mache den Schulleiter angreifbar, der seine Kriterien nicht offen legen müsse. Lehrerinnen und Lehrer hätten keine Beteiligungsrechte. Die GEW fordert stattdessen die Erprobung neuer Arbeitzeitmodelle, in denen die Kollegien neue Formen der Kooperation und Arbeitsorganisation entwickeln können.

Zur Verwaltungsreform in Baden-Württemberg wusste König zu berichten, Stellen würden abgebaut, wohingegen im Regierungspräsidium und Landratsamt Spitzenbeamte befördert werden sollen. 20 % Personalabbau bedeuteten jedoch eine Arbeitsverdichtung. Anstatt erwarteter Synergie-Effekte müssten Schulbedienstete im Landratsamt stundenlang an Sitzungen teilnehmen, die nichts mit dem Schulwesen zu tun hätten. Nach dem Abbau von Schulratsstellen würde der Bereich der Schulverwaltung geschwächt. Die Schulräte würden keine Zeit und kein Fahrgeld mehr haben um Schulen zu besuchen. Aufgaben würden von oben nach unten verlagert – vom Regierungspräsidium ans Landratsamt, vom Landratsamt an die Schulleiter, von der Schulleitung an die Lehrer. Eine „operativ eigenständige Schule“ überfordere die Schulleiter. Sie müssten sich beispielsweise in das Schwerbehindertenrecht, Mutterschutzfragen, das Verfahren dienstlicher Beurteilung und vieles mehr einarbeiten. Die Professionalität würde darunter leiden.

Die viel diskutierte Selbstevaluation der Schulen würde von zu wenigen Evaluationsberatern betreut, stellte König fest. Das Rad müsse nicht an jeder Schule neu erfunden werden. In der Fremdevaluation der Schule sei der Datenschutz noch nicht gewährleistet. Schulträger würden darauf drängen in der Evaluation die Fragen auszuklammern, welche die Ausstattung der Schule beträfen. Für den Abbau von Defiziten, welche die Evaluation aufdecke, müssten auch Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.


Kooperationszeit – was ist das?

 

Zurzeit erreichen uns sehr viele Anfragen zur Kooperationsszeit.Deshalb versuchen wir hier, die am häufigsten gestellten Fragen zu beantworten.

 

1. Kooperationszeit ist keine Präsenzzeit

Im Gegenteil – es handelt sich um ein Zeitfenster, das von Unterricht und privaten Terminen freigehalten werden soll, damit Kooperation möglich ist, so dass bei Bedarf Besprechungen, Klassenkonferenzen oder Ähnliches stattfinden können.

 

2. Kooperationszeit hat nichts mit den geschätzten Anteilen von Unterricht und darüber hinaus gehender Arbeit innerhalb der 1804 Stunden Arbeitszeit zu tun

Aber laut Verwaltungsvorschrift handelt es sich um einen Teil unserer nicht gebundenen Arbeitszeit und nicht um zusätzliche Arbeit.

 

3. Es gibt keine Vorschriften über den zeitlichen Umfang und die Häufigkeit dieses Zeitfensters

Der Schulleiter / die Schulleiterin muss ein Zeitfenster im Voraus festlegen. Dieses Zeitfenster muss außerhalb der Unterrichtszeit liegen, also z.B. nach Unterrichtsschluss an einem bestimmten Wochentag. Es kann auch in den Ferien liegen, z.B. am letzten Tag nach den Sommerferien – aber das muss nicht sein. Es muss nicht wöchentlich sein und es muss auch keine Mindeststundenzahl umfassen.

Es empfiehlt sich, eine für die Schule passende Lösung gemeinsam im Kollegium zu suchen.

Jede einseitig vom Schulleiter / von der Schulleiterin verordnete Lösung wird schwerlich auf Akzeptanz stoßen.